21.03.2022

Statement AKS zum Ukraine-Krieg

Lagebild und Bewertung AK Soldaten zur Situation in der Ukraine, der Stärkung der NATO-Ostflanke, den Waffenlieferungen und der Bereitstellung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr

Lagebild

Am 24.02.2022 hat der russische Staatspräsident einen militärischen Angriff gegen die Ukraine angeordnet und sich damit gemäß dem Völkerrecht eines Kriegsverbrechens schuldig gemacht. Der Angriffskrieg beinhaltet Raketen- und Luftangriffe gegen Führungseinrichtung der ukrainischen Armee, die Unterbrechung der Versorgungslinien insbesondere der Waffenlieferungen der „westlichen“ Staaten an die Ukraine und die Eroberung der Großstädte bzw. der Hauptstadt Kiew. Gegenwärtig versucht die ukrainische Armee die Einkesselung der Großstädte zu verhindern bzw. deren Belagerungen zu durchbrechen und die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten sicherzustellen. Der Ausgang des Krieges ist ungewiss, jedoch werden die Opfer in der Zivilbevölkerung und auch der Soldaten und Soldatinnen auf beiden Seiten mit der Dauer der militärischen Auseinandersetzung zunehmen.

Der Angriffskrieg Wladimir Putins und der rücksichtslose Waffeneinsatz der russischen Armee auch gegen zivile Einrichtungen (Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten) in der Ukraine erzeugen Tod, Leid und Verzweiflung mitten in Europa und stellen die größte Bedrohung für die Sicherheit und das Leben der Menschen in Europa seit dem zweiten Weltkrieg dar. Vor diesem Hintergrund ist es zwingend notwendig, unsere osteuropäischen NATO-Partner vor Angriffen Russlands zu schützen und als Bundeswehr unseren Beitrag zur Bündnisverteidigung zu leisten.

Bewertung

  1. Stärkung der NATO-Ostflanke

Der NATO-Oberbefehlshaber für Europa hat bei den NATO-Staaten um Anhebung der Reaktionsfähigkeit der sogenannten NATO-Response-Force gebeten. Das bedeutet für ca. 16.000 Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr eine kürzere Verlegezeit (Notice To Move) in die von der NATO vorgesehenen Einsatzräume an der Ostflanke.

Derzeit führt und unterstützt die Bundeswehr mit ca. 900 Soldaten und Soldatinnen eine NATO-Kampfgruppe (Battlegroup) in Litauen und ergänzt die Luftraumüberwachung (Air Policing) in Rumänien mit dem Waffensystem Eurofighter (ca. 70 Soldaten und Soldatinnen). Ebenfalls wurden ein Einsatzgruppenversorger sowie eine Korvette (insgesamt ca. 250 Soldaten und Soldatinnen) als Verstärkung eines maritimen Einsatzverbandes der NATO bereitgestellt. Darüber hinaus werden umfangreiche Unterstützungsaufgaben (bspw. Betankung von NATO-Luftfahrzeugen, Aufklärungsmissionen) wahrgenommen sowie weitere Verlegungen von Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen konkret geplant.

Die Verteidigung des NATO-Bündnisgebietes, und damit die Sicherheit und Freiheit Ihrer Bürger und Bürgerinnen, erfordert angesichts des gegenwärtigen Krieges und möglicher Großmachtambitionen Wladimir Putins eine starke und langfristige Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der NATO insbesondere an der NATO-Ostflanke.

  1. Sondervermögen

Für diese Stärkung dient das von der Bundesregierung angekündigte 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr. Dieses wird derzeit im Bundesamt für Ausrüstung, Information und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) evaluiert. Eine erste große, diesbezügliche Beschaffungsentscheidung ist der Kauf des amerikanischen „Joint Strike Fighters“ F-35 als Ersatz für den „Tornado“ in der „nuklearen Rolle“. Weiterhin wurde der Kauf weiterer Eurofighter für den elektronischen Kampf angekündigt. Alle weiteren Planungen des Sondervermögens gehen in die persönliche Ausrüstung der Soldaten und Soldatinnen und in die Digitalisierung der Führungs- und Informationssysteme der Bundeswehr. Weiterhin kündigte die Bundesregierung an, den Verteidigungshaushalt – wie vor Jahren bereits zugesagt – jährlich auf 2% des BIP anzuheben.

Diese Maßnahmen sind notwendig, um auf die neue sicherheitspolitische Lage in Europa zu reagieren. Landes- und Bündnisverteidigung müssen vor dem Hintergrund einer wieder möglichen hochintensiven Kriegführung in Europa Schwerpunkt politischen und militärischen Handelns sein. Hierbei ist die Bundesrepublik Deutschland als einer der Hauptkräfte in der Verantwortung, eine umfassende Verteidigungsbereitschaft herzustellen und vorzuhalten. Während sich „kleinere“ Partner vor allem auf Nischen spezialisieren (bspw. Cyberkompetenzen), muss die Bundeswehr zukünftig noch deutlicher als Sicherheitsgarant dieser Partner auftreten können. Dieses erfordert einen langen Atem, Weisheit in den entsprechenden Entscheidungsgremien und Entschlossenheit bei den politischen Entscheidungsträgern und in der Bevölkerung.

  1. Waffenlieferungen

Weiterhin unterstützt die Bundeswehr in Absprache mit den Bündnispartnern die ukrainische Armee mit Waffenlieferungen gemäß den von der Ukraine angeforderten militärischen Gütern. Die Waffenlieferungen an die Ukraine erfolgen in Abstimmung mit unseren NATO/Europäischen Partnern. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um „Defensivwaffen“. Diese sind nicht nur wichtig, um die Ukraine in dem Bemühen zu unterstützen, ihre staatliche Souveränität zu wahren bzw. wieder herzustellen, sondern auch um die Versorgung und Schutz Ihrer Bevölkerung sicherzustellen und eine geordnete Flucht derer zu ermöglichen, die zum Schutz Ihrer Sicherheit das Land verlassen müssen.

  1. Herausforderungen für die Bundeswehr

Die Bundeswehr hat mit Abzug aller Truppen aus Afghanistan 2021 ein extrem prägendes Kapitel seiner Geschichte beendet. Der gegenwärtig größte Auslandseinsatz, die UN Mission „MINUSMA“ (sowie das Ausbildungsprogramm EUTM) in Mali steht aufgrund des angekündigten Abzugs der französischen Kräfte grundsätzlich auf dem Prüfstand. Weiterhin wurde die Bundeswehr im Inland durch die durchgängig ausgeführten Amtshilfe-Maßnahmen (insbesondere Unterstützung bei der Bewältigung der CoVID-19 Pandemie sowie Hochwasserhilfe im Ahrtal) umfangreich gefordert.

Die nunmehr vorliegende Sicherheitslage fordert die Bundeswehr und benötigt keine Kurzschlussentscheidungen, sondern gründliche Analysen mit entsprechenden Ergebnissen. Dabei muss eine angemessene Ausstattung und eine dauerhafte, ausreichende Finanzierung Basis der Analyse sein. Dies wird gegenwärtig auch so durch die Bundesregierung kommuniziert. Dennoch müssen diese operativen sowie strategischen Entscheidungen auch in einer, hoffentlich bald folgenden, Friedensphase bestehen und umgesetzt werden. Dies gelingt vor allem dann, wenn die Bundeswehr als Teil der gesellschaftlichen Mitte gesehen und verstanden wird. Ausdrücklich wird mit dem Sondervermögen sowie den angekündigten Budgeterhöhungen keine Aufrüstung forciert, sondern lediglich eine notwendige Ausrüstung gewährleistet, die jedoch in den letzten Jahrzehnten sträflich vernachlässigt wurde.

Berufsbild und Eid der Soldaten und Soldatinnen beinhalten seit jeher die verpflichtende Perspektive, das Recht und die Freiheit Deutschlands und dessen Bündnispartner mit Leib und Leben zu verteidigen. Diese geschah in den letzten Jahrzehnten überwiegend in bewaffneten Auslandseinsätzen mit lebensbedrohlichen Gefahren für Leib und Leben gegen einen zahlenmäßig unterlegenen jedoch nicht minder gefährlichen Gegner überwiegend aus nichteuropäischen Kulturkreisen. Nun stehen wir jedoch einem hochgerüsteten Gegner mitten in Europa möglicherweise mehrere Jahre gegenüber, zu dem unsere Soldaten und Soldatinnen ggfs. sogar verwandtschaftliche mindestens aber kulturelle Beziehungen haben. Das muss in der Erziehung und Ausbildung in der Bundeswehr neu bewertet und umgesetzt werden.

  1. Gebetsanliegen

Als AKS laden wir daher ein, den lebendigen GOTT zu bitten, dass ER:

  • den ukrainischen Verteidigern Entschlossenheit, Mut & Wendigkeit samt letztlich Erfolg schenke,
  • sie davor bewahre, angesichts offensichtlicher Kriegsverbrechen auf russischer Seite, sich zu Rachegelüsten hinreißen zu lassen,
  • unter der russischen Bevölkerung und den russischen Soldaten und Soldatinnen den Mut stärke, sich diesem verbrecherischen Krieg zu widersetzen,
  • den Entscheidungsträgern in Politik, Gesellschaft und Streitkräften in Europa und in der Welt Weisheit und Erkenntnis schenkt, das Richtige für den Frieden und für ein Ende der Gewalttaten zu tun,
  • die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten sowie der medizinischen Betreuung der Zivilbevölkerung in der Ukraine und auf den Fluchtwegen sicherzustellen und
  • unsere Soldaten und Soldatinnen in diese neue Situation begleitet und stärkt an Geist, Körper und Seele